Willy (*18.01.2008 - †08.01.2024)

Als Willy zu mir kam, war er bereits 9 Jahre alt. Er war bei seiner Familie in Spanien aufgewachsen. Nachdem die Familie nach Deutschland gezogen war, veränderten sich die Umstände derart, dass sich die Familie gezwungen sah, für ihn ein neues Zuhause zu suchen. So kam er zu mir.

Willy war sehr freundlich zu Menschen, besonders zu Kindern. Typisch Fox Terrier war er meistens gut gelaunt, voller Energie und ausgeprägt eigenwillig. Auf Druck reagierte er mit Sturheit, ließ aber mit sich reden, wenn er es für sinnvoll hielt. Seit meiner Kindheit habe ich einen besonderen Bezug zu dieser Rasse, unsere Familienhündin Zora war ein Fox Terrier.

„Er hat nur ein Problem – er mag keine anderen Hunde“. Diese freundliche Warnung der vorigen Halterin hörte ich zwar, war mir aber sicher, das Problem schnell in den Griff zu bekommen.
Weit gefehlt.

Überforderung

Willy reagierte mit äußerster Aggression auf alle Artgenossen, denen wir begegneten. Egal welche Größe oder Rasse, egal ob Rüde, Hündin oder Welpe. Ich war auf so ein Verhalten überhaupt nicht vorbereitet und fühlte mich nach kurzer Zeit völlig überfordert. Jede Hundebegegnung wurde zu einer Herausforderung. Da ich überhaupt nicht wusste, wie ich mit Willy in diesen Situationen umgehen sollte, kam es einige Male dazu, dass er andere Hunde erwischte und zubiss. Die Spaziergänge wurden zum Spießrutenlaufen. Schließlich hatte ich Angst vor Hundebegegnungen und versuchte sie so gut es ging zu vermeiden, was gerade in Berlin, wo die meisten Menschen mindestens einen Hund haben, alles andere als einfach ist.

Auf der Suche nach Hilfe

tierischvertraut 7Ich bekam viele Ratschläge: „Antje, wenn Du ruhig bist, ist auch Willy ruhig“, oder „Antje, Willy muss lernen, dass Du die Rudelführerin bist, und dass er zu gehorchen hat“. Das hörte sich für mich ganz vernünftig an. Das Problem war nur, sobald Willy einen anderen Hund auch nur von weitem sah, geriet er so dermaßen außer sich, dass es völlig egal war, wie ich reagierte. Willy nahm mich in diesen Momenten gar nicht wahr.

Ich bat Hundetrainer um Hilfe. Sie taten ihr Bestes und schlugen verschiedene Lösungen für das Problem vor. Willy war sehr freundlich zu den Trainern und machte die Übungen erstaunlich geduldig mit. An seiner Aggression Artgenossen gegenüber änderte das jedoch nichts. Schließlich gewöhnte ich ihm draußen einen Maulkorb an und konnte so ein wenig ruhiger mit ihm spazieren gehen.

Ich begab mich in die Welt der Tierkommunikation und hoffte, dort Hilfe zu finden. Ich bekam teils plausible, teils hanebüchene Erklärungen für Willys Verhalten. Letztendlich überzeugte mich diese Art der Telepathie nicht. Willy blieb davon komplett unbeeindruckt, wie es schien, sein Verhalten anderen Hunden gegenüber veränderte sich dadurch jedenfalls auch nicht.

Hilfe gefunden – grundlegend und nachhaltig

Dann sah ich durch Zufall ein Interview mit James French, in dem er seine Methode, die Trust Technique®, vorstellte. Ich wurde hellhörig. Das war ein ganz neuer Ansatz, der mich sofort interessierte. Ich recherchierte alles, was ich dazu finden konnte. Schließlich machte ich den Trust Technique® Video Kurs und entschloss mich danach zur Ausbildung zum Trust Technique® Practitioner.

Die Trust Technique® war die erste Methode, die uns grundlegend und nachhaltig geholfen hat. Mit der Trust Technique® lernte ich, ruhig zu werden und Willy zuzuhören. Das Erste, was ich dabei von ihm lernte war, dass er die ganze Zeit mit mir kommunizierte. Er tat das mit kleinen Bewegungen, die ich vorher gar nicht wahrgenommen hatte, weil ich zu sehr damit beschäftigt war, mir Sorgen über ihn zu machen. Der Effekt bei ihm war, dass er allgemein ruhiger wurde und nach und nach von sich aus anfing, sein Verhalten anderen Hunden gegenüber zu verändern. Im zweiten Schritt half ich ihm nach jeder aufregenden Hundebegegnung, wieder ruhig zu werden. Und langsam aber sicher fand Willy zurück zu seiner Fähigkeit, mit anderen Hunden zu kommunizieren. Natürlich mochte er nicht plötzlich alle Hunde, bei einigen wurde er immer noch laut. Aber er geriet immer seltener in diese Raserei, wenn er auf andere Hunde traf. Anfangs traute ich oft meinen Augen nicht, wenn er andere Hunde auch mal freundlich begrüßte oder Artgenossen einfach mal ignorierte.

Willy als Senior

tierischvertraut 7Mit der Trust Technique® konnte ich Willy immer besser verstehen und ihm bei Herausforderungen helfen. Gegen Ende seines Lebens ließen sein Sehsinn und sein Hörvermögen deutlich nach. Aufgrund seiner Arthrose konnte er sich immer schlechter bewegen. Schließlich verlor er zunehmend die Orientierung und wurde vorzugsweise nachts von einer großen Rastlosigkeit geplagt, gegen die nichts half. Ich konnte zusehen, wie er immer schwächer wurde, schließlich entschied ich mich dafür, ihn gehen zu lassen. Er wurde 16 Jahre alt.

Danke, Willy!

Einordnung

Auch in der letzten Zeit mit Willy habe ich viel gelernt. War nicht der Kern der Trust Technique, den Hunden Ruhe zu vermitteln? Und warum wirkte sie bei Willy nicht mehr? Diese Fragen trieben mich um. Die Trust Technique half in dieser Zeit in erster Linie mir selbst. Ich lernte nach und nach zu akzeptieren, das ich seinen körperlichen und geistigen Verfall nicht aufhalten konnte.
Ich lernte, die Trust Technique in Bezug auf ihre Anwendung und Grenzen klarer einzuordnen.